Bellesguard war Gaudís einziges Werk, für das er einen Bauherrn suchen musste. Mit dem Gebäude schuf er eine Hommage an das Mittelalter und interpretierte die Gotik auf seine eigene Art.
Der Torre de Bellesguard ist ein bisher recht wenig beachtetes Werk des Architekten Antoni Gaudí. Sieht man doch an dem außergewöhnlichen Gebäude etliche Elemente, die in seinen späteren Werken perfektioniert wurden.
Es war die besondere Lage des Grundstücks im ruhigen Stadtteil Sant Gervasi und die besondere Geschichte des Hauses, die Gaudí dazu bewogen das Grundstück zu kaufen und ein neues Haus auf den mittelalterlichen Ruinen zu bauen.
Der Bischof Joan Grau i Vallespinós, ein guter Freund Gaudís, verlangte in seinem Testament, dass alle Besitztümer verkauft werden müssen und der Erlös dem Bau einer Schule zugute kommen solle.
Antoni Gaudí - der früher vom Bischof für den Bau des Palastes von Astorga beauftragt war - wusste, dass ein Haus aus dem bischöflichen Nachlass auf den Ruinen eines mittelalterlichen Palastes aus dem Jahr 1408 errichtet war. Dieser Palast wurde von Martín I. el Humano, dem letzten König Aragóns errichtet.
Torre Bellesguard
Martin I. hatte das Haus einst Bellesguard, Katalanisch für "Schöne Aussicht", genannt. In dem Palast erfuhr er vom Tod seines Sohnes. Im Beisein des Papstes Benedikt XIII und San Vicente Ferrer heiratete er im Bellesguard seine Frau Margarita de Prades, um dem Königshaus von Aragón einen Erben zu schenken. Die Ehe blieb bis zum Tod von Martín I. am 31. Mai 1410 allerdings kinderlos, die kastilische Dynastie Trastámara übernahm die Herrschaft.
Papst Benedigt XIII. war zur Zeit des Abendländisches Schismas, also der zeitweisen Spaltung der Römischen Kirche, der bedeutendste Gegenpapst und hatte für kurze Zeit im Palast Bellesguard seinen Sitz. Er wird in der offiziellen Liste der Päpste nicht geführt.
Barcelonas bekanntester Architekt des Modernisme, Antoni Gaudí, erschuf Bellesguard.
Obwohl von dem gotischen Palast so gut wie nichts mehr erhalten war, war die geschichtliche Bedeutung dieses Ortes für den Katalanen Gaudí eine unwiderstehliche Versuchung. Sein Interesse an diesem Ort war so stark, dass er als Vermittler zwischen dem Testamentsvollstrecker und einer Käuferin auftrat: das Grundstück und die Ruinen erwarb Maria Sagués, die Witwe von Jaume Figueras, einem reichen Mehlhändler und begeisterten Anhängers Gaudís.
Das erste, was Gaudí auf dem Gelände errichtete, war ein Viadukt aus den Steinen einer Palastmauer, die auf dem Grundstück lagen. Über dieses Viadukt führte der Weg zum Friedhof von Sant Gervasi, heute eine Straße. Das Viadukt ähnelt den Viadukten im Park Güell.
Gaudí arbeitete von 1900 bis zur Fertigstellung 1909 am Bellesguard.
Der Torre Bellesguard ist ein freistehendes Gebäude mit quadratischem Grundriss, dessen Diagonalen in die vier Himmelsrichtungen weisen. Zu Ehren der Blütezeit der katalanischen Gotik interpretierte er mit dem Haus die Gotik auf seine Art: Obwohl im Grunde nicht besonders viele gotische Elemente am Gebäude zu finden sind, hat es doch ein gotisches Aussehen. Besonders das große Portal mit seinem Rundbogen, die länglichen Fenster und die durch Zinnen gekrönte Fassade prägen diesen Eindruck.
Gaudí interpretierte ein wesentliches Merkmal des gotischen Stils neu: den Rundbogen des Haupteingangs versah er mit großen sechs-und achteckigen Mosaiksteinen. Die Textur dieser Steine steht in einem auffälligen Kontrast zu den grau-grünen Schiefersteinen des restlichen Gebäudes. Mit der Verwendung der Schiefersteine, die Gaudí auf dem Grundstück fand, gelang es ihm das Haus harmonisch in die Umgebung einzufügen.
Das Gebäudeinnere steht im Kontrast zur dunklen Fassade. Das Gebäude ist hell und lichtdurchflutet. Das grelle Weiß des mit Gips und Kalkfarbe gestrichenen Treppenhauses rückt die von Gaudí entworfenen Formen in den Mittelpunkt.
Hat sich Gaudí bei der Fassade von der Gotik inspirieren lassen, so erinnert das Innere an maurische und mudejarische Baukunst, die von den drei großen Weltreligionen Islam, Judentum und Christentum geprägt war. Das Treppenhaus mit seinen bunten Wandfliesen und den geschwungenen Bögen gibt dem Gebäude die Atmosphäre eines andalusischen Palastes. Man kann hier erahnen, wie sehr Gaudí von dieser Bauart beeindruckt war.
Gaudí vertrat die Ansicht, dass freistehende Häuser mit einem doppelten Dach ausgestattet sein mussten um gegen die sommerliche Hitze zu isolieren. Die modernen Dämmmaterialien der heutigen Zeit waren damals ja unbekannt.
Der untere Dachboden ist ein großer Raum, der die gesamte Grundfläche des Hauses einnimmt. Die Dachkonstruktion wird getragen von acht Säulen und unzähligen Bögen aus Backstein. Die Konstruktion mutet nahezu filigran an. "An diesem Haus gibt es Dinge, von denen man nicht weiß, warum sie halten", soll ein Mitarbeiter Gaudís über diese Konstruktion gesagt haben.
Der obere, 70m" große Dachboden versah er mit einem spitzbogigem Gewölbe, das außen die Form einer abgeschnittenen Pyramide einnimmt. An deren Spitze befindet sich eine Aussichtsplattform, von der man einen wunderbaren Blick auf Barcelona erhält.
Als Außenwand des Daches verwendete Gaudí Schiefer. Um das Dach herum verläuft ein Rundgang, die Zinnen bilden das Geländer.
Bellesguard ist zwar weniger spektakulär als andere Gebäude des genialen Architekten Antoni Gaudí. Trotzdem lohnt es sich, das Gebäude zu besuchen: es ist sehr schön und mit seiner besonderen Architektur zeigt es ein sehr frühes Werk Gaudís. Der kleine Park lädt zum Verweilen und Genießen der Ruhe ein.
Ein Besuch von Bellesguard ist sicher hilfreich, Gaudí besser zu verstehen und seine künstlerische Entwicklung nachzuvollziehen. Einige Elemente erkennt man in seinen späteren Bauwerken in abgewandelter Form wieder.
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Adresse
Bellesguard, 16-20
Telefon: +34 932 504 093
Anreise
Metro: Tibidabo (FGC Linie L7 ab Plaça Catalunya)
Bus Turístic: Tibidabo
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Öffnungszeiten
Audioguided Tour:
Di. - So.: 10-15:00 Uhr (letzter Einlass 14:30 Uhr)
Montags geschlossen, außer an Feiertagen
Geschlossen am: 1. & 6. Jan., 25. & 26. Dez.
Guided Tour: nur sonntags
Hinweise zum Besuch und zur Anreise
Bellesguard ist ein wenig abseits der Metrolinien. Nur wenige Meter von der FGC-Station "Tibidabo" (L7) und der Station "Tibidabo" der Hop-on Hop-off-Busse nehmen Sie den Bus 196, der direkt vor dem Grundstück hält.
Mit der Barcelona Card haben Sie mit der FGC und dem Bus freie Fahrt.
Wir empfehlen, für den Besuch ca. 1 - 1,5 Stunden einzuplanen.
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